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ich sah einen blinden heute abend
er stieg ein in meinen bus mit seinem hund
ich stellte mir vor, er käme zu mir mit fragendem gesicht
sagen sie mir, würde er sagen, welche farbe hat mein hund?
weiß, sage ich. er ist leuchtend weiß
weiß, sagt der blinde. ich weiß nicht, wie weiß ist
ich habe noch nie eine farbe gesehen. erklären sie mir
was ist weiß?
weiß, sage ich, weiß ist der schnee und die wolken
an einem schönen sommertag. weiß sind die alten
fischerhäuser in griechenland, die in der sonne am
meer stehen. weiß sind die brautkleider und die
kleidchen blonder mädchen bei der kommunion. weiß
ist papier, das noch nicht beschrieben wurde, weiß
sind die kittel von ärzten und milch ist weiß. weiß
ist unschuldig, sauber und rein.
ich habe gehört, sagt der blinde, der schnee sei hier
mehr braun als weiß. ich habe gehört, die wolken sind
eher grau. ich habe gehört, in griechenland verkommen die
fischerhütten und blättern ihre farbe ab. ich habe gehört,
man heiratet kaum noch und geht nicht zur kommunion. ich
habe gehört, man kann worten auf papier nicht mehr trauen.
ich habe gehört, die kittel von ärzten sind nicht sauber
und milch ist es auch nicht. wie kann weiß dann unschuldig
sein, wie sauber, wie rein?
sie haben gehört, was ich sehe, sage ich zu dem blinden.
ein farbe ist nicht mehr das, was sie bedeutet. vielleicht
sind sie der reichere von uns beiden, denn die farben in ihrer
welt sind noch, wie sie sein sollen. sie hören, was ich sehe.
und ich würde zu gerne das hören, was sie sehen.

___
berlin, januar 2009
 

twoday.net

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